Vor kurzem habe ich öffentlich die Auffassung vertreten, der US-Präsident (also, Stand heute ist das noch Trump, so viel als Notiz für die Nachwelt) benehme sich so, dass man kleinen Kindern eines hinter die Löffel geben würde. Diese Bemerkung kann man für halbwegs witzig halten, muss man aber nicht. Man kann diese Auffassung teilen, muss das aber ebenfalls nicht; schon alleine deswegen nicht, weil ich sozusagen militanttolerant bin.
Meine Toleranz ist noch lange nicht zu Ende, wenn andere schon lange nach Gefängnis oder Folter rufen. Ich dagegen finde, dass jeder beinahe alles denken darf, was er will (sogar Trump gut finden). Erstens habe ich in der Beziehung ein eher amerikanisches Toleranzverständnis, zweitens bin ich gnadenlos pragmatisch: Natürlich kann ich jemandem sagen, dass es sich nicht gehört, bestimmte Sachen zu denken. Aber nachdem Gedanken frei sind, nutzt das ja alles nix. Im Zweifelsfall denkt er trotz meiner überaus berechtigten und erst vorgetragenen Ermahnungen trotzdem was er will.
Demnach war also nach dieser Äußerung mit dem Löffellangziehen alles mögliche zu befürchten; wütende Ausbrüche von Trumpisten beispielsweise. Oder anderweitiges Geschrei von Menschen, die irgendwie diesem ganzen neopopulistischem Kram nahestehen und der Meinung sind, der Donald und all die anderen, die würden es dieser halbversifften Welt mal wieder ordentlich besorgen.
Stattdessen: eine entrüstete Wortmeldung aus der Ecke, mit deren Beschreibung man sich zunehmend scher tut. Gutmensch darf man sie nicht nennen, weil sonst irgendwann zuverlässig der Einwand kommt, man sei lieber ein Gut- als ein Schlechtmensch. Außerdem ist der Gutmensch sprachlich derart totgenudelt, dass man sich als Mensch, der ja irgendwie doch mit Sprache sein Geld verdient, solcher torgenudelten Klischees besser nicht bedient. Jedenfalls vertrat der Gutmensch, den man keinesfalls so nennen darf, die Auffassung, meine Formulierung lasse auf meinen Geisteszustand Rückschließen. Ich sei jemand, der sich für Gewalt an Kindern ausspricht oder sie zumindest unterstützt; so verräterisch seien meine Formulierungen ja dann doch.
Sowas löst bei mir immer gefährliche Reflexe aus. Nein, keine aggressiven. Ich würde nur sehr gerne wissen, wie weit man mit so jemanden gehen kann. Ob man beispielsweise mit ihm ernsthaft darüber müsste, ob Ironie nicht spätestens da seine Grenzen hat, wenn Gewalt gegen Kinder ins Spiel kommt. Oder ob man Ironie nicht einfach komplett verbieten müsste, ob man womöglich nicht sogar sämtliche Äußerungen, die man irgendwo in diesem Netz tätigt, erstmal von einem Korrektheitsfilter checken lassen müsste. Ein solcher Filter hätte womöglich schnell erkannt, dass „Löffellangziehen“ auf keinen Fall zu billigen ist.
Kurzzeitig hatte ich auch überlegt, ob nicht die Monty-Python-Reaktin richtig gewesen wäre: statt „Jehova“ ganz laut „Löffellangziehen“ zu rufen. Man muss allerdings befürchten, dass jemand dieses Gutmenschenschlages auch Monty Python nur bedingt lustig findet.