Es knackt bei mir, und zwar schon seit geraumer und so ziemlich genau alles. Am Anfang dachte ich, es handle sich dabei nur um ein temporäres Phänomen. Um eines, das kurz nach dem Aufstehen mal auftritt und dann wieder verschwindet. Bis ich inzwischen zu der Auffassung gekommen bin, dass es besser sein könnte, wenn ich ehrlich zu mir selbst bin: Es knackt in Armen, Schulter und Gelenken, weil ich ein wenig eingerostet bin.
Klar, ich mache immer noch meinen diversen Sport, aber mit spürbar weniger Begeisterung als mit 20 oder 30. Inzwischen handelt es sich eher um das Absolvieren von Pflichtübungen. Weil der Kopf das ja weiß: Sport und Bewegung wären prinzipiell gut. Abende auf der Couch oder selbst im Lesesessel kann man sich zwar schönreden, beispielsweise damit, dass ein guter Film oder ein Buch ja auch mal sein müssen. Gegen knackende Knochen helfen die leider aber ganz und gar nicht.
Der letzte Absatz, diesen Trost habe ich dann doch, dieser letzte Absatz könnte von unzähligen Männern in meinem Alter geschrieben worden sein. Dafür gibt es unzählige wissenschaftlicher Erklärungen, die irgendwas mit Enzymen und Hormonen zu tun haben, bei denen die Richtung eindeutig ist, nämlich die, dass sie weniger werden, nach unten gehen, sich selbst atomisieren. Das Ergebnis ist der weiße, alte Mann von heute und der ist gerade ja aus einer ganzen Reihe von Gründen nicht mehr ganz so hoch angesehen.
Man müsste eigentlich…
Dagegen müsste man was tun, denke ich mir oft, aber ich vermute, dass ich mit diesem Man-müsste-eigentlich in meiner Altersgruppe keineswegs alleine bin. Eigentlich kenne ich, von ein paar ansonsten eher merkwürdigen Exemplaren abgesehen, so gut wie keinen, der nicht darüber nachdenkt, wie er den Enzymhormonen-Verfall irgendwie abbremst, wenn er ihn denn schon nicht verhindern kann.
Kapiert habe ich dabei zwischen zumindest, dass das nur auf die ganz radikale Art geht. Wenn man lediglich versucht, irgendwas ein bisschen einzuschränken, ein klein wenig mehr Bewegung zu bekommen und all die anderen faulen Kompromisse eingehen will, dann kommt man nicht sehr weit. Joschka Fischer beispielsweise, einstmals eine kugelförmige Politiker-Gestalt, hat es rund um seinen 50. Geburtstag derart gerissen, dass er von einem auf den anderen Tag zum Marathonläufer mutierte. Zugegeben, das ging natürlich nicht von dem einen auf den anderen Tag, sondern hat gut zwei Jahre gedauert (wer es nachlesen will: Fischer hat darüber auch ein Buch geschrieben).
Dass Fischer inzwischen beinahe so kugelig ist wie in den Zeiten vor dem Lauf-Irrsinn, bremst die Sport-Euphorie zwar wieder ein bisschen. Trotzdem, für uns alte weiße Männer steht meistens fest: Ganz so wie bisher kann es nicht weitergehen. Es sei denn, Sie gehören zu der eher unangenehmen Kategorie der Streber, die schon mit Mitte 20 gefühlte Altersvorsorge betrieben haben und nie ein Gramm zuviel hatten. Vermutlich besitzen Sie dann auch einen Bausparvertrag, eine Riester-Rente und einen Lebenslauf, bei dessen Lektüre man auf der Stelle einschlafen möchte.
Auf der anderen Seite, weil wir hier gerade von den alten weißen Männern reden: Ab wann ist man eigentlich alt? Hat Alter nur was mit dem beginnenden körperlichen Zerfall zu tun oder kann man nicht auch einfach nur im Kopf furchtbar alt werden? Und gibt es nicht auch einfach 30jährige, die viel älter sind als wir wirklich alten Männer (und Frauen)?
Der eine oder andere erinnert sich: 2014 ist ein Buch von mir namens „Der 40jährige, der in den Golf stieg und verschwand“ erschienen. Jetzt ist es Zeit, diese Geschichte fortzuschreiben, zumal sich eine Münchner Produktionsfirma an einem Abklatsch des 40jährigen versucht und mir zumindest bestätigt hat: Ob wir nun wollen oder nicht, das ist einfach ein Thema. Es sei denn, Sie glauben, Sie würden niemals alt, dann will ich Sie in Ihren süßen Träumen natürlich nicht stören. (Falls Sie übrigens ein Exemplar des „40jährigen“ wollen, ich habe noch ein paar daheim, Mail genügt).
Zeit also für ein neues Buch: Mit „Streifen am Horizont“ hat es zumindest schon mal einen Arbeitstitel, der irgendwie auch charmanter klingt als irgendwas mit „Alter weißer Mann“. Ich habe noch keine Ahnung, wann es fertig sein wird und ob ich es nicht selbst verlege und vertreibe (meine letzten Erfahrungen mit Verlagen waren nur so mittelgut). Und ich weiß nicht, ob ich es alleine schreibe, weil es da gegebenenfalls einen wunderbaren Co-Autoren gibt, mit dem ich mal gesprochen , aber noch nix fix gemacht habe.
Trotzdem: stay tuned! Geduldig bleiben, bis es was Neues gibt. Und bis dahin: schön Sport machen und immer dran denken, dass alter, weißer Mann tatsächlich eher selten ein Lob ist.